"Eine Frage der Beharrlichkeit" - Interview mit Aina Calafat Rogers vom spanischen RefNat4LIFE-Projektpartner, der Gesellschaft für ökologischen Landbau und Agrarökologie (Sociedad Española de Agroecología)

In dieser Serie geben die RefNat4LIFE-Projektpartner Einblick in ihre Motivation, sich für nachhaltige Kälte-Klima- und Wärmepumpentechnik zu engagieren. Diesmal haben wir mit Aina Calafat Rogers vom spanischen RefNat4LIFE-Projektpartner SEAE, der Gesellschaft für ökologischen Landbau und Agrarökologie (Sociedad Española de Agro-ecología), gesprochen.

Claudia Becker (HEAT GmbH): Aina, was sind die größten Herausforderungen für den kleinen Bio-Lebensmitteleinzelhandel im Hinblick auf nachhaltige Kühlung? Was sind die konkreten Herausforderungen in Spanien?

Aina (SEAE): Der kleine Bio-Lebensmitteleinzelhandel in Spanien war ein Vorreiter bei der Sensibilisierung der Verbraucher für die Notwendigkeit eines nachhaltigeren Agrar- und Lebensmittelsystems und dafür, wie der Übergang zu einer fairen und gesunden Ernährung auf der Grundlage von Bio-Lebensmitteln ihre eigene Lebensqualität verbessern und auch zum Umwelt- und Klimaschutz beitragen kann. Sie haben eine hohe Sensibilität für alles, was mit Nachhaltigkeit, Klimawandel und Gesundheit zu tun hat. Wenn sie also von einem Thema hören, das direkte Auswirkungen auf einen dieser Bereiche hat, sind sie in der Regel bereit, mitzuarbeiten und ihren Beitrag zu einer gesünderen Welt zu verbessern.

Die größte Herausforderung in Spanien besteht darin, eine öffentliche Debatte über die Auswirkungen der derzeitigen Kühlsysteme anzustoßen. Daneben gilt es, dafür zu sorgen, dass Informationen über die Existenz und den Zugang zu effizienteren und nachhaltigeren Kühlsystemen mit natürlichen Kältemitteln verbreitet werden. Das RefNat4LIFE-Projekt hat beide Prozesse in Gang gesetzt und viele Interessengruppen erreicht, die nun sensibilisiert sind. Viele der kleinen Lebensmitteleinzelhändler haben in den letzten Jahren ums Überleben gekämpft, da sie unter dem Druck der Expansion der großen Einzelhandelsketten und Großhändler stehen, und die COVID-19-Pandemie erfordert zusätzliche Anstrengungen. Aus diesem Grund wird es etwas länger dauern, bis sie sich aktiv an der Umstellung beteiligen.

Claudia:  Wie können die Kälte-Klima-Fachbetriebe kleine Ladenbesitzer*innen bei der Umstellung auf nachhaltige Kühlung unterstützen?

Aina: Den Fachbetrieben kommt in dieser Angelegenheit eine sehr wichtige Rolle zu, da sie es sind, die dem Lebensmitteleinzelhandel und der Lebensmittelindustrie im Allgemeinen diese Art von Beratung anbieten können. Wir als SEAE können dazu beitragen, das Bewusstsein zu schärfen und über die Auswirkungen der derzeitigen Kältesysteme, die auf fluorierten Gasen basieren, und die F-Gas-Verordnung aufzuklären. Die Fachbetriebe müssen jedoch bereit sein, die entsprechenden Services anzubieten und sie müssen sowohl für kleine Einzelhändler*innen als auch für große Unternehmen zugänglich sein. Das RefNat4LIFE-Projekt bietet spezielle Schulungen für Lebensmitteleinzelhändler*innen an, und es wurden mehrere Artikel zu diesem Thema in Fachzeitschriften veröffentlicht, damit die Einzelhändler*innen die Vorteile der Umstellung erkennen. Die Einzelhändler*innen müssen jedoch wissen, wo sie diese Art von Geräten und Dienstleistungen in ihrer Region finden können. Daher müssen die Fachbetriebe enger zusammenarbeiten und sich in einer Datenbank registrieren lassen.

Claudia: Gibt es in Spanien Maßnahmen zur Förderung der Umstellung auf klimafreundliche Kühlung?

Aina: Das Ministerium für ökologischen Übergang und demografische Herausforderung hat eine konkrete Maßnahme in den “Integrierten Nationalen Plan für Energie und Klima (PNIEC)[1] aufgenommen. Die Maßnahme 1.23 “Verringerung der THG-Emissionen im Zusammenhang mit fluorierten Gasen“ enthält eine spezifische Untermaßnahme für den Ersatz von Anlagen, die fluorierte Gase mit hohem GWP verwenden, durch andere Anlagen, die Gase mit niedrigem oder keinem GWP verwenden, obwohl sie auch die Verwendung von fluorierten Gasen mit niedrigem GWP als Option beinhaltet. 

Im Jahr 2018 wurde ein Förderprogramm für den Austausch von Lebensmittelkühlanlagen in Einzelhandelsgeschäften gestartet, aber er wurde kaum beworben und die Frist für die Beantragung war sehr kurz, so dass kaum ein*e Einzelhändler*in von dieser Möglichkeit wusste. Hoffentlich werden diese Subventionen bald wieder neu aufgelegt.

Claudia:  Warum ist die SEAE ein Partner im RefNat4LIFE-Projekt?

Aina: Der Biosektor war schon immer Vorreiter bei der Verbesserung des Lebensmittelsektors und versucht, diesen nachhaltiger zu gestalten. Das beginnt bei den Anbaumethoden und zieht sich durch die gesamte Lebensmittelkette bis hin zur*zum Endverbraucher*in. Die Kältetechnik spielt in der Lebensmittelkette eine sehr wichtige Rolle, sei es für die Kühlung der Lebensmittel oder für die Klimaanlagen in den Geschäften. Die SEAE wollte den spanischen Biosektor bei der Umstellung auf nachhaltigere Kühlsysteme begleiten und gemeinsam einen Schritt in Richtung Kohärenz im gesamten Lebensmittelsystem machen.

Claudia: Nun, da das Projekt endet: was sind die wichtigsten Erkenntnisse oder Vorteile für Dich und Eure Mitglieder in Spanien?

Aina: Das SEAE-Team und alle unsere Mitglieder haben einen großen Schritt getan, um über die Bio-Verordnung hinaus tätig zu werden. Einige kannten die Probleme, die durch die Verwendung von fluorierten Gasen in Kühlsystemen verursacht werden. Aber wir waren nicht in der Lage, echte Alternativen vorzuschlagen. Jetzt hat fast der gesamte spanische Biosektor Zugang zu den Informationen, und wenn Unternehmen daran interessiert sind, ihr Kühlsystem zu erneuern und zu verbessern, wissen wir, wie wir ihnen helfen können. Außerdem können wir jetzt auf hohem Niveau mit den Behörden kommunizieren und versuchen, die nationale und lokale Politik zu beeinflussen. Es wird ein mittelfristiger Prozess sein, aber jetzt haben wir das Netzwerk und das Wissen, und es ist nur eine Frage der Beharrlichkeit.


[1] https://www.boe.es/diario_boe/txt.php?id=BOE-A-2021-5106